Great Job, Gianni!
Leicht angespannt wartete ÖFB-Geschäftsführer Thomas Hollerer in seinem Hotel in der paraguayischen Hauptstadt Asunción auf den Beginn des FIFA-Jahrestreffens. Für Hollerer gibt es zu Hause viel zu tun, die Landesverbände machen Negativ-Schlagzeilen, der ÖFB steht vor strukturellen Weichenstellungen – und dann verspätet sich auch noch FIFA-Präsident Gianni Infantino um Stunden. Das Murren der Funktionäre war bis in den Privatjet hoch über dem Atlantik zu hören. Infantino kam von dort, wo die Musik spielt: aus Katar, wo Donald Trump ihm dickes Lob ausgesprochen hat: Great Job, Gianni!
Nächstes Jahr ist die Fußball-WM in Trump-Land, gemeinsam mit den verfreundeten Nachbarn Mexiko, das der US-Präsident mit einer Mauer abschottet, und Kanada, das er am liebsten annektieren möchte. Das wird lustig, aber Infantino weiß schon, mit wem man sich in dieser abenteuerlichen ménage à trois gut stellen muss. Die Kataris haben für Trump eine mobile McDonald’s-Filiale gecheckt und schenken ihm eine Boeing 747 mit Luxusausstattung, die der amerikanische Präsident ungeschaut nimmt. In der Daily Show hat es Jon Stewart unnachahmlich auf den Punkt gebracht: Trumps gonna take a 400 Million Dollar Jet from people he would expel from Columbia University. Katar ist offizieller Verbinder zur Hamas-Terrororganisation – gleichzeitig setzt das Trump-Regime der Columbia das Messer an mit dem Argument: Hamas-Unterstützer seien dort untergekrochen. Great Job, Jon.
Josef Pröll geht in die ÖFB-Qualifikation
Die Great Jobs in Österreich, die müssen erst erledigt werden. Weil das Männer-Nationalteam natürlich zur Weltmeisterschaft fahren will und dafür mit Ralf Rangnick auch einen guten Trainer hat und das auch Geld bringen würde, soll der ÖFB jetzt einmal zur Ruhe kommen. Die WM-Qualifikation beginnt im Juni. Am Sonntag wird der frühere ÖVP-Chef und Finanzminister Josef Pröll zum ÖFB-Präsidenten gewählt, eine überraschende externe Lösung mit Fantasie. Pröll kann hemdsärmelig und scheint auch Lust darauf zu haben, den zerstrittenen Haufen ÖFB in geordnete Bahnen zu lenken. Bisher hatten die Landesverbands-Präsidenten im ÖFB das Sagen, die einander nicht grün sind und Interesse an einem schwachen Präsidenten hatten. Der Burgenländer Gerhard Milletich ist so in diese Funktion gekommen und wollte sie ausnützen, um bei ÖFB-Sponsoren Inserate für seine Beilagen und andere Printprodukte zu keilen, mit denen er gutes Geld verdient. Ein negatives Highlight.
Die Folgen föderalistischer Auswüchse
Dieser föderalistische Auswuchs hat auch die seltsamen Diskrepanzen zwischen den Landesverbänden zu Tage gefördert, was den Umgang mit Corona-Förderungen betrifft. Sechs Verbände haben in Summe fast 1,7 Millionen kassiert, die drei anderen haben gegenüber dem Falter zu Protokoll gegeben, dass es dafür eigentlich keinen Grund gegeben habe. Der Tiroler Präsident Josef Geisler: Im Verband gab es Leute, die Druck machten. Sie wollten, dass ich Corona-Gelder beantrage, dabei hatten wir keine Einbußen durch die Pandemie, nichts. Wir konnten sogar Geld sparen. Der ÖFB organisierte nach zwei Tagen Schreckensmoment eine gemeinsame Stellungnahme für die Sechs. Manches ist nachvollziehbar. Aber neuer Image-Schaden ist angerichtet. So eine Geschichte fünf Tage vor der Hauptversammlung in Bregenz, wo die Entmachtung der Landespräsidenten beschlossen wird, das tut extra weh. Vielleicht stärkt es Josef Pröll noch mehr den Rücken für seinen Great Job.
Small Deal von drei gebundenen Parteien
Bleibt die Bundesregierung, die diese Woche ihr Doppelbudget für 2025 und 2026 vorgelegt hat. So ein richtiger Great Job war das noch nicht, mehr ein Small Deal von drei Parteien, die sich ja irgendwie auch gegenseitig die Hände binden. Nie zuvor war die Kritik der Opposition – es sind ja nur zwei Parteien – so unglaubwürdig wie bei diesem Budget: Die FPÖ hat mit der ÖVP in den dann geplatzten blau-schwarzen Verhandlungen die Grundlagen für den Voranschlag gelegt, und die Grünen haben mit der ÖVP in der Vorgängerregierung die Grundlagen für das aktuelle Mega-Defizit gelegt, das Finanzminister Markus Marterbauer von der SPÖ und in der Folge die Steuerzahler ausbaden müssen.
Der Schlüsselsatz in der Budgetrede
Statt gezielt regulatorisch in Preise einzugreifen, hat Österreich versucht, die hohe Inflation für Haushalte und Unternehmen mit immer neuen Transfers und Förderungen auszugleichen. Das war erstens wenig erfolgreich in der Bekämpfung der Teuerung und zweitens außerordentlich kostspielig für den Staatshaushalt. Das hat der populäre Marterbauer, der bei allem Pragmatismus als linker Ökonom authentisch bleibt, Schwarz und Grün ins Stammbuch geschrieben. Eine Schlüsselstelle in seiner Budgetrede. Dazu das Koste es, was es wolle in Sachen Corona und die finanziellen föderalistischen Auswüchse, die auch noch als Great Job auf Marterbauer und die Regierung warten. Damit schließt sich der Kreis zum ÖFB und zu Donald Trump und Gianni Infantino.
Der accidental chancellor überrascht
Wer Bundeskanzler Christian Stocker mit Winston Churchill vergleicht (die ÖVP und Medien, die ihr diesen Unsinn abkaufen), muss auch seine Haupt-Ähnlichkeit mit Infantino zur Kenntnis nehmen. Was Stocker vom eigenwilligen FIFA-Präsidenten unterscheidet, ist jedenfalls die Haltung zu Trump. Oliver Das Gupta, der für den Standard und den Spiegel schreibt, hat diese Seite des ÖVP-Chefs beleuchtet und einen Moment am Parteitag in Wiener Neustadt beschrieben, wo Stocker im Beisein einiger Vorgänger zum Parteiobmann gewählt worden ist: Der neue Parteichef sagte, er wolle nicht, dass Österreich “vertrumpt”. Eine harte Abgrenzung zur Art der Politik des US-Präsidenten, die der sonst nüchterne Stocker vornahm. Applaus brandete auf, in der ersten Reihe klatschten aktive und ehemalige Parteifunktionäre. Nur einer hielt die Hände still: Altkanzler Sebastian Kurz.
Abgrenzung zu Trump – und Kurz
Kurz relativiert das Trump-Regime, wo er nur kann, und hofiert alle mögliche autoritären Machthaber. Stocker grenzt sich klar ab, das sind neue Töne in der ÖVP, die nach dem Rücktritt von Karl Nehammer ernsthaft das Fenster für den politisch gescheiterten Blender noch einmal halb aufgemacht hat: Zusammenzuführen und Brücken zu bauen, ist das Gegenmodell zur Vertrumpung. Ich will, dass die Checks and Balances in diesem Land deutlich sichtbar und wirksam sind. Solche Zitate des accidental chancellor, wie ihn Matthew Karnitschnig genannt hat, sind selten. Man muss sie zusammensuchen, Stocker ist nicht sehr präsent. Daran muss er arbeiten. Andererseits lässt er seinem Kabinett Raum.
Das Runterregeln der Überspanntheit
Robert Misik hat in seiner Kolumne in der Berliner taz befunden, der Approach der Regierung tue dem Land gut: Die Koalitionäre unserer Dreierkoalition kultivieren jetzt einen Stil des “ruhig und besonnen“, der Überbietungswettbewerb um die krassesten Vorschläge und die bizarrsten Schlagzeilen ist momentan ausgesetzt. Weil die verrückte Rechte davon lebt, dass der Temperaturregler der Diskurse möglichst ins Übersteuern hochgedreht wird, versucht man es einfach mit dem Gegenprogramm: einer ostentativen “zentristischen Vernünftigkeit“und dem Runterregeln der Überspanntheit. Ein Great Job ist das aber noch lange nicht. Dazu müsste Christian Stocker, der schon mindestens dreimal über seinen Schatten gesprungen ist, diesen Schatten irgendwann einmal loswerden.